VfB

Fehlerkultur

Ich erinnere mich daran, dass das Wort Fehlerkultur in den letzten Monaten beim VfB Stuttgart ab und an gefallen ist. Dem Verein, der AG würde es jetzt sehr gut tun, wenn man das nicht nur als Worthülse mal auf einem Strategiepapier festgehalten hat, sondern nun auch wirklich leben würde. Nicht nächste Woche oder irgendwann. Sondern genau jetzt. Es steht uns ein Länderspielwochenende bevor und damit eine gute Chance für einen neuen Mann an der Seitenlinie um die Mannschaft, wenn auch nicht vollständig, ein paar Tage länger kennenzulernen. Laut Wohlgemuth steht der Trainer überhaupt nicht zur Diskussion und dann sind wir nicht mehr bei Fehlerkultur, sondern bei einer Fehlerkette. Wobei Wohlgemuth das schwächste Glied in dieser Fehlerkette ist. Ich kann es ihm nicht verübeln, dass er beim Anruf des VfB Stuttgart, den Weg von Paderborn nach Stuttgart angetreten ist. Aber sich, fast bedingungslos, hinter einen Trainer zu stellen, den man selbst null zu verantworten hat, ist vielleicht nur halbschlau für seine eigene Zukunft beim VfB.

Wer müsste nun Fehler eingestehen und korrigieren: Labbadia selbst könnte sich zum Beispiel den Fehler eingestehen, dass Anton auf RV und Silas im Sturm einfach keine gute Ideen sind. So konsequent wie er die zwei aber nicht auf ihren Positionen einsetzt, sehe ich keine Chance, dass er diesen Fehler korrigiert. Generell, was ist in der zweiten Amtszeit von Labbadia besser geworden? Laufleistung, okay ein bisschen. Gegentore? Fangen wir weiter noch genug. Tore, schießen wir weiter zu wenig. Ich bin weiterhin der Überzeugung, dass die Entlassung von Rino richtig war, das was danach passiert ist, war das große Problem. Die Entscheidung ist ein Führungsvakuum gefallen. Wehrle war klar, dass Mislintat gehen wird. Mislintat selbst war es auch klar, dass es nicht mehr beim VfB weitergehen wird. Dicker Fehler von Wehrle hier nicht gleich die Reißleine zu ziehen, Mislintat zu entlassen und so wurde Wimmer zum gar nicht mal so erfolglosen Interimstrainer. Drei Heimsiege gegen Bochum, Hertha und Augsburg. Vor allem die Spiele gegen Hertha und Augsburg waren von einem absoluten Willen geprägt, die Spiele zu gewinnen. Davon zeugen die späten Siegtore, weit in der Nachspielzeit. Anton auf der letzten Rille mit anschließendem Krampf im Bein. Sie wollten. Alleine diese Fähigkeit hat Labbadia ihnen geraubt, davon ist nichts mehr zu sehen, der Wille das Spiel auf Teufel komm raus zu gewinnen. Er beraubt die Mannschaft ihrer Stärken durch seine Aufstellungen, durch sein stures Festhalten an seinem System. Kurz und gut, Labbadia ist der komplett falsche Trainer für diese Mannschaft (die mit Sicherheit auch ihre Fehler hat was in die Richtung Mislintat geht). Das war vielen von Anfang an klar, nur Wehrle und Co. haben sich für die Entscheidung gefeiert. Es „geht jetzt nur um Punkte“, „es zählen nur die Ergebnisse“ und im Dezember stand man mit dem Rücken zur Wand. Alles Aussagen von Wehrle.

Nun müsste es dem, vor guten einem Jahr von Köln zum VfB gewechselten, Wehrle doch langsam klar werden, dass Labbadia genau das nicht gebracht hat, was man sich gewünscht hat: Sicherheit, sichere Punkte, Stabiltät. Nichts davon ist eingetreten. Ein Sieg gegen Köln, die sich auch fast von jeder anderen Mannschaft gerade Woche für Woche einige Gegentore einschenken lassen. Kein Sieg gegen Schalke oder Hoffenheim, gegen die direkte Konkurrenz. Eine gute Führungskraft würde sich den Fehler eingestehen und Labbadia jetzt wieder entlassen. Es heißt wir haben kein Geld. Das glaube ich sofort, dann muss eine einfache und kostengünstige Lösung her. Willig ist wohl auf dem Sprung auf der Suche nach einer neuen Herausforderung, warum, vorausgesetzt er möchte es sich das antun, gibt man ihm nicht die Chance sich mit der ersten Mannschaft zu beweisen. Wir sind auf Platz 18, es kann nicht mehr schlechter werden. Spielerisch nicht, vom Einsatz und Willen her nicht. Was haben wir noch zu verlieren? Wenn es nicht klappt, Willig wäre so oder so weg gewesen.

Dazu sollte es Alex Wehrle klar sein, dass er einen Abstieg nicht überleben wird und dann kommen wir zu einer Fehlerkette und einer Fehlerkultur die Stück für Stück weitergeht. Claus Vogt, der maßgeblich an der Verpflichtung von Wehrle beteiligt war, wird den Abstieg auch nicht überleben. Wir Mitglieder können Fehlerkultur auch leben: bei der Mitgliederversammlung. Es gibt die Möglichkeit Vogt und seinen Mitspielern Bühler, Wenninger und wie sie alle heißen die rote Karte zeigen. Wenn im Verein und der AG schon niemand seine Fehler korrigieren möchte, dann lasst uns Mitglieder mit gutem Beispiel vorangehen und Fehlerkultur leben, wir Mitglieder lernen vielleicht aus unseren Fehlern. Mir ist bewusst, dass keine Wahl des Vereinbeirats und Präsidenten auf der Agenda steht, aber es gibt zum Glück noch andere Optionen zu zeigen, dass diese Herren nicht mehr im Verein erwünscht sind.

VfB

Ein Burgfrieden, der keiner war

Mittlerweile gibt es eigentlich keine Zeit im Jahr mehr, in dem unser Verein zur Ruhe kommt. Sehr beliebt ist weiterhin die Vorweihnachtszeit mit offenen Briefen oder Stellungsnahmen. Nun startet 2023 auch gleich mit dem nächsten Knall, mit dem Rücktritt von Susanne Schosser und Martin Bizer. Die beiden Vereinsbeiräte legen ihre Tätigkeit nieder. Nicht nur das, mit ihren offenen Briefen geben sie tiefe Einblicke in die Gremienarbeit beim VfB mit vielen Vorwürfen und Anschuldigungen gegenüber, wenn auch nicht namentlich genannt, Claus Vogt, Rainer Adrion und auch Andre Bühler, sowie dem Vereinsbeirat generell.

Ein tiefer Riss geht durch unseren Club. Dieser Riss gefährdet alles, worauf wir zu Recht stolz sind.

Kommt euch das noch bekannt vor? Oder die Aussage hier:

Im Verlauf der vergangenen Monate hat sich ein Kreis um den Präsidenten gebildet, der seine Ziele in einer Art und Weise verfolgt, die unserem Club massiv schadet. Der zuletzt öffentlich über Dritte ausgeübte Druck auf die Mitglieder des Vereinsbeirats ist hierfür ein Beispiel.

Das ist deutlich älter, aber die Aussagen gleichen sich denen von Susanne Schosser und Martin Bizer. Es liegen über zwei Jahre zwischen dem offenen Brief von Thomas Hitzlsperger und den Schreiben von Schosser und Bizer. Wer den offenen Brief nochmal nachlesen mag, kann das bei den Kollegen des Vertikalpass tun. Druck auf Vereinsbeiräte ausüben, keine Transparenz, schlechte Kommunikation. Was haben Hitzlsperger und die zwei zurückgetretenen Vereinsbeiräte miteinander zu tun? Nichts, gar nichts. Sie sind sich noch einige Wochen vielleicht beim VfB einmal über den Weg gelaufen, aber sie können weder unter einer Decke stecken noch irgendwie einer gemeinsamen Opposition gegenüber Claus Vogt und seinen Mitstreitern angehören. Nur warum ähneln sich die Aussagen so? Es haben ja nun auch andere den VfB mittlerweile verlassen. Ähnliche Aussagen, ähnliche Probleme. Gehören jetzt also alle, die den VfB verlassen oder ihre Funktion aufgegeben haben, zu einer großen Verschwörungsgruppe, die dem Präsidenten und seinem Team schaden möchte? Idealerweise vom Freundeskreis und Daimler gesteuert?

Was manche vergessen, dass Bizer und Schosser, wie auch Christian Riethmüller ja nicht „Gegner“ des Präsidenten waren. Sie haben in der Datenschutzaffäre sich deutlich auf die Seite von Claus Vogt gestellt. Es gab ein gemeinsames Schreiben, eine Aufforderung zum Rücktritt von Rainer Mutschler (nachzulesen auf z.B. Twitter). Was haben sie mit Pierre-Enric Steiger zu tun, der das Rechtsgutachten in Auftrag gegeben hat? Alles die „anderen“, die „Bösen“, die einen Sturz des Präsidenten wollen? Bertram Sugg der im Aufsichtrat ausgebootet wurde, gehört der auch dazu? Wir haben also lauter unterschiedliche Menschen, die teilweise wenig miteinander zu tun hatten, aber sie eint eines: sie haben Probleme mit dem Umgang, der Kommunikation, der Transparenz und eben keiner konstruktiven Zusammenarbeit. Da können sich der Vereinsbeirat und Rainer Adrion in ihren Schreiben und Michael Astor auf Twitter zwar hinstellen und sagen, dass das alles nicht stimmt und alles von sich weisen, von der besten/einer guten Gremienarbeit sprechen, die es je gab. Einzig und alleine, wer kann das noch glauben.

Das kommt mir vor wie beim dem alten Witz als die Radiodurchsage „es kommt ihnen auf der A8 ein Geisterfahrer entgegen“ kommt und die Reaktion „Einer? Hunderte!“ ist. Vielleicht sollten sich die Beschuldigten doch einmal überlegen, ob es vielleicht auch ein bisschen an ihnen liegt und nicht nur an den vielen anderen, denen der VfB auch am Herzen hängt. Auch wenn dies oftmals versucht wird so darzustellen, es gibt nicht „die Opposition“.

Die Unstimmigkeiten gab es schon lange vor dem Thema, um das sich aktuell so viel dreht: die möglichen Verstöße der Vereinsbeiräte Schlecht und Bühler. Wie das so oft bei rechtlichen Dingen ist, ein Gutachen, eine rechtliche Einschätzung ist je nach Auftraggeber anders gefärbt. Daher überrascht es wenig, dass die VfB internen und exteren Einschätzungen wohlwollender sind, wie jene, die nicht vom VfB beauftragt wurden. Das Vereinsbeiräte da vielleicht nicht mit zufrieden sind, finde ich legitim und den Mitgliedern gegenüber auch absolut ehrenwert. Nun, so wurde es uns kommuniziert, hat man beschlossen, dass man die Einschätzung der VfB Anwälte zu mitzutragen hat, auch nach außen. Wenn man aber davon einfach nicht überzeugt ist, bei Susanne Schosser und Martin Bizer war das wohl der Fall, ja dann kann man da zwar – notgedrungen – zustimmen bei der Entscheidung, aber zufrieden und glücklich wird man damit nicht. Vielleicht hat man das Gefühl es den Mitgliedern oder sich selbst schuldig zu sein, eine zufriedenstellende Antwort zu erhalten. Wenn das nicht mehr möglich erscheint, man intern gegen eine Wand ankämpft, dann tritt man auch den Gang an die Presse/Öffentlichkeit an. Ist das der gewünschte Weg? Nein. War es der letzte Ausweg? Vermutlich ja. Du kannst nach außen sagen, wir haben ein Burgfrieden, nur wenn der halt nicht mit Zustimmung aus voller Überzeugung von allen getragen wird, dann ist das ein sehr brüchiges Konstrukt.

Die Gegendarstellungen des VfB (Vereinsbeirat und Adrion) lassen bei genauem Lesen, vor allem zwischen den Zeilen, doch einige Rückschlüsse zu. Generell werden die Anschuldigen von sich gewiesen, aber die Anschuldigung Rainer Adrion hätte den Kritikern gesagt „diejenigen die den Standpunkt des Präsidenten nicht teilen, doch die Konsequenzen ziehen sollten“ wurde nicht direkt widersprochen. Auch das „Kommunikationswege eingehalten“ (Aussage Vereinsbeirat) werden müssen, das also ein Vereinsbeirat nicht einfach Kontakt zu Mitgliedern der AG aufnehmen kann, ohne bei den Vorsitzenden/Präsidium eine Genehmigung zu haben, wurde bestätigt. Es wurde nur netter beschrieben, eben mit dem Hinweis auf Regeln und Kommunikationswege. Seit den Briefen ist Michael Astor aktiv auf Twitter unterwegs. Erst einmal ein Fakt den ich sehr begrüße, nachdem sich ein anderer, früher sehr aktiver Twitterer des e.V., sehr zurückgenommen hat. Astor hat auf viele meiner Tweets reagiert und geantwortet, als ich wieder – ja mache ich gerne – überspitzt formuliert habe.

Zudem wurden von den „Anderen“ Unwahrheiten verbreitet, die widerlegt wurden. #VfB

Michael Astor (Twitter)

Nun weiß ich bis heute nicht was widerlegt ist, was die Unwahrheiten sind. Für die Verstöße gibt es unterschiedliche Gutachten/rechtliche Einschätzungen, daher kann man meiner Meinung nach noch nicht sagen, was nun Wahrheit oder Unwahrheit ist. Die Anschuldigungen in den Briefen wurden nicht widerlegt, es wurde widersprochen. Ein kleiner aber feiner Unterschied. Ich bin der festen Überzeugung, dass beide zwar drastisch formuliert, aber in ihren Schreiben nicht gelogen haben, so wie es unser ehemaliger CEO auch nicht getan hat. Sie wurden als Lügner*in hingestellt. Denn wer nicht die Wahrheit sagt oder Unwahrheiten verbreitet, der lügt. Das Framing funktioniert aber nicht. Für mich stehen hier Aussage gegen Aussage, bzw. Rechtsgutachten gegen Rechtsgutachten.

Den noch aktuell Verantwortlichen wünsche ich, dass sie sich mal etwas mehr hinterfragen, Thema Geisterfahrer. Dem Verein wünsche ich, dass etwas Ruhe einkehrt und mit der Rückkehr der Bundesliga der Fokus auf das Sportliche gelenkt wird. Die Themen sind aber nicht vergessen und werden wieder auf den Tisch kommen und es dann hoffentlich im Sinne von Rainer Adrion läuft und „diejenigen […] die Konsequenzen ziehen sollten“ dies auch tun. Hoffentlich spätestens nach dem Klassenerhalt.

VfB

Wenn der Vorhang fällt

sieh hinter die Kulissen
die Bösen sind oft gut
und die Guten sind gerissen.

So sang es der Freundeskreis, nein nicht der Freundeskreis, der richtige und einzige sinnvolle Freundeskreis aus Stuttgart, schon im Jahr 1997. Da stehen wir jetzt im Jahr 2022 und die „Guten“ beim VfB haben ihre Maske fallen lassen. Sven Mislintat ist seit einigen Tagen Geschichte. Natürlich konnte man sich, trotz markgerechtem Angebot, nicht auf eine Verlängerung des Vertrages einigen. Es war keine Überraschung mehr. Die einzige Überraschung war es noch, wann die Trennung stattfindet. Man kann mit Sicherheit über die Vertragsgestaltung sprechen, die Sven Mislintat nicht so ganz schlecht gestellt hat – warum sich der ehemalige Sportdirektor aber das ein oder andere Extrarecht vertraglich verankern hat lassen – das haben wir mit der Vorstellung von Bruno Labbadia hautnah miterleben dürfen. Hand aufs Herz, welche*r Arbeitnehmer*in unterschreibt einen Vertag, der dich schlechter stellt wie zuvor – sei es finanziell oder inhaltlich. Eben. Und das die Zeichen nicht auf Zusammenarbeit gestellt waren, musste eigentlich spätestens seit der Pressekonferenz mit Gentner, Lahm und Khedira klar gewesen sein. Selbst schon bei der ersten Vorstellung von Wehrle, lächelte er das das Thema mit den Verlängerungen von damals Matarazzo und Mislintat mehr oder weniger weg. Das „entspannt euch doch ein bisschen“ wird uns Fans noch sehr lange nachhängen. Zeigt im übrigen, wie unsensibel und kommunikativ beschissen Wehrle hier arbeitet. Wer sich mit den letzten Jahren des VfB beschäftigt hat, sollte wissen, warum sich VfB Fans eher eben nicht entspannen, wenn es um solche Themen geht.

Sie tun immer so harmlos, die Herren Wehrle, Vogt und Co, aber sie wissen genau was sie tun und was sie wollen. Auch wenn es einige immer noch abtun, die Nichtverlängerung von Mislintat war kein Resultat der letzten Wochen und Monate, das stand schon länger auf dem Plan. Zu viel Meinung, zu viel Stärke, vielleicht auch zu viel Beliebheit strahlte der Sportdirektor aus. Eine starke Persönlichkeit, ein starker Angestellter mit Meinung – damit können nur starke Vorgesetzte umgehen, ein Alexander Wehrle ist das nicht. Verschwörungstheorie! Werden jetzt vielleicht wieder einige rufen. Schaut euch die Pressekonferenz zur Vorstellung von Wehrle an, schaut euch die Pressekonferenz mit Khedira, Gentner und Lahm an oder auch Auftritte in Sport im Dritten. Es gab nie eine klare Ansage, dass unbedingt verlängert werden soll. Weglächeln, Wischiwaschi-Aussagen. Wer wirklich mit seinem Sportdirektor weiterarbeiten möchte setzt ihm nicht drei komplett unerfahrende Berater und Mitarbeiter vor die Nase – ohne darüber mit ihm zu sprechen oder ihn zu informieren. Das ist Mobbing, ein provozierter Abgang. Nichts anderes. Einer lies es sich auch nicht nehmen und wollte sich im Glanze der ehemaligen Spielern sonnen: Präsident Claus Vogt. Davor hatte man Wochen nichts von ihm gehört und auch die Monate danach war er wieder untergetaucht. Dass er an dem Tag auch offenbart hat, die Entscheidung mit dem Aufsichtsrat durchgewunken zu haben, ohne eine genaue Stellenbeschreibung von Gentner zu kennen, war ein netter Nebeneffekt der Veranstaltung. Selbst bevor Wehrle überhaupt in Stuttgart aufgeschlagen ist, gab es z.B. im Vereinsbeirat schon Personen, die Mislintat deutlich kritisierten. Als dann ehemalige Spieler und der Ehrenpräsident ums Eck kamen und die alte Leier „Erfahrung“ wieder zum Besten gaben, war klar, dass dies nicht zufällig passiert. Wehrle ist der Ziehsohn von Staudt und daher war es wenig überraschend, dass Scorecard-Erwin ihm zur Seite sprang, Interviews gab und sich dann als Ehrenpräsident hinstellte, dass er mit der Entscheidung Mislintat zu entlassen, zufrieden sei. Alles Zufall, ich weiß.

Mit der Präsentation von Labbadia war auch klar, warum Mislintat und Wehrle keinen gemeinsamen Trainer finden konnten. Zu unterschiedlich die Ansätze. Auf der einen Seite der Versuch weiter innovativ, modern und zeitgemäß zu handeln, auf der anderen Seite der vermeintliche Griff zur Sicherheit, zur Erfahrung, aber eben auch zur kompletten Austauschbarkeit. Der VfB war noch vor nicht allzu langer Zeit ein spannendes Projekt, mit jungen Spielern, mit einem modernen Trainer. Natürlich lief das vor allem Ende der zweiten Bundesligasaison und in der aktuellen Saison nicht gut. Keine Frage. Aber all was man versucht hat über die 3,5 Jahre aufzubauen wird über den Haufen geworfen. Jetzt also Labbadia, der hier schon einmal scheiterte, eben auch weil junge Spieler sich ihren Einsatz in der Bundesliga verdienen müssen. Eben dieser Labbadia, soll jetzt den Wunsch von Rainer Adrion erfüllen, dass endlich wieder Spieler aus der Region auf dem Platz stehen. Das darf man wirklich bezweifeln.

Und hat irgendeiner unserer Masterclass-Herren mal geschaut wie lange, mit Ausnahme von Matarazzo ein Trainer beim VfB war in den letzten zehn Jahren oder generell Trainer in der Bundesliga angestellt sind? Wer also gibt Labbadia einen Vertrag bis 2025 und vor allem welcher Aufsichtsrat mit seinem Vorsitzenden Claus Vogt winkt das durch? Komplett über den Tisch ziehen lassen? Da wird rumgejammert, dass die AG kein Geld hat, man entlässt Mislintat (Abfindung), holt Wohlgemuth (500K Euro Ablöse) und verpflichtet Labbadia, Trares und Kern. Dazu kamen die Beraterjobs von Khedira und Lahm, ab Januar Gentner und Cacau hat ja auch noch ein Job bekommen. Wehrle ist wieder auf Kölner Spuren unterwegs – den Verein in den finanziellen Abgrund stoßen. Dazu läuft noch der Vertrag für das Trikotsponsoring am Ende der Saison aus.

Der VfB ist Dank Vogt und Wehrle wieder da gelandet, wo wir vor einigen Jahren schon waren: beim Chaosclub. Die letzten Monate und Jahre konnten wir nach Hamburg, Gelsenkirchen oder Berlin schauen und schmunzeln, heute lacht man wieder über uns. Der Verein und die Fans sind gespalten, mehr fast wie zu den Zeiten von Dietrich. Es gibt eine Petition (Ergänzung: „Aktion“ ist das bessere Wort) eine außerordentliche Mitgliederversammlung einzuberufen, das hatten wir nicht einmal unter Wolle.

Dietrich war der Böse, aber da wusste man woran man dran ist, bei Vogt und Wehrle ist es es andersrum, man dachte eher sie sind die Guten, aber der Vorhang ist gefallen.

VfB

Außen Top Hits, innen gefuckt!

Aus der Ferne betrachtet macht der VfB Stuttgart glaube ich gerade Spaß. Bzw. viele Fans in Fußballdeutschland, welche nur Sportschau, Sky und DAZN schauen, dürften diesen Eindruck bekommen. Als Aufsteiger nach dem 15. Spieltag mit 21 Punkten, 30 geschossenen Toren und auf Platz 1 der Auswärtstabelle stehend, das sind schon traumhafte Umstände. Groß waren die Zweifel, ob der VfB überhaupt in der Bundesliga bestehen könne. Die Spieler zu jung, zu unerfahren und in der 2. Bundesliga hatte man sich schließlich eher durch die Unfähigkeit des HSV durchgesetzt. Bielefeld als Meister war sportlich nicht zu erreichen. In der Bundesliga aber ist auf einmal das zu sehen, was VfB Fans seit Jahren vermisst haben: Fußball der Spaß macht, Spielfreude und vor allem eine Mannschaft steht auf dem Platz. Eine Mannschaft bei der man wirklich das Gefühl hat, sie stehen gemeinsam auf dem Feld, kämpfen gemeinsam und wenn einer mal verletzt oder gesperrt ist, springt ein anderer in die Lücke und füllt diese.  

Spieler haben sich weiterentwickelt, bei denen man gar nicht mehr wirklich daran glaubte, dass sie es noch beim VfB packen. Borna Sosa liefert seit seiner Vertragsverlängerung starke Leistungen ab. Castro hat sich als Kapitän mehr als stabilisiert und scheint seinen berühmten zweiten Frühling im Kreise seiner jungen Mitspieler zu erleben. MOK, vielleicht ohne die Bürde der Binde, spielt befreit auf mit deutlich verbesserter Leistung – alleine der Pass im Spiel gegen Augsburg, der zum 2:0 führte. Dies sind nur ein paar Beispiele und der Dank an diese Entwicklung gebührt natürlich Pellegrino Matarazzo und seinem Trainerstab, Sven Mislintat und auch Thomas Hitzlsperger, der für die Entwicklung natürlich mitverantwortlich ist. Die sportliche Richtung mit jungen, entwicklungsfähigen Spielern – eine Richtung, bei der sich viele Fans an die jungen Wilden zurückerinnert fühlen, eine Richtung, mit der sich fast alle VfB Fans identifizieren können. Kurz und gut, wir VfB Fans könnten gerade ziemlich glücklich sein. Zugegeben, das sind wir auch. Sportlich.

Thomas Hitzlsperger, Vorstandsvorsitzender der AG, im Schnelldurchgang an diese Position aufgestiegen, Meistertorschütze (okay es war das sehenswerte 1:1) von 2007, Bundesverdienstkreuz- und Sympathieträger und wie eben schon geschrieben mitverantwortlich für den sportlichen Erfolg. Und hier trennt sich unter den VfB Fans wieder einmal die Spreu vom Weizen. Wenn einem die Stadionwurst, guter Fußball und die Zusammenfassung in der Sportschau reicht, dann könnte man das Gefühl bekommen „The Hammer“ will auch weiterhin für seinen VfB das Beste. So wie auch das Framing am Sonntag bei Sport im Dritten ganz gut funktionierte. Man konnte das Gefühl bekommen, dass der Frontalangriff auf den Präsidenten des VfB Stuttgart e.V. gar nicht so schlimm war und der sportliche Erfolg auf keinen Fall gefährdet werden darf. Das werden auch viele Zuschauer*innen so mitnehmen. Es ist auch verständlich, zu anstrengend die Strukturen und Seilschaften in Verein und AG. Dann lieber schönen Fußball genießen.

Horrorszenarien, ein schon länger beim VfB verwendetes Instrument um unliebsame Entscheidungen durchzudrücken, sind leider mal wieder ganz präsent. Egal ob der sportliche Absturz droht (nur die Ausgliederung bringt Erfolg) oder ein Präsident abgewählt oder zum Rücktritt bewogen werden soll (Chaos!). Eingetreten ist bisher nichts davon, außer ein zweiter Abstieg nachdem die Ausgliederungskohle von Reschke und Dietrich verpulverisiert wurde. Dieser kurze Ausflug als Einschätzung wie Drohkulissen bisher eingesetzt wurden, für alle die sich nicht so intensiv mit dem VfB beschäftigen (oder wollen). Denn genau ein solches Szenario zeichnete Hitzlsperger in seinem offenen Brief auf, denn seine Kandidatur bzw. die Bewerbung ist die letzte Chance, den VfB vor dem Untergang zu retten. Vielleicht stimmt das sogar, aber nicht aus einem Grund, wie man denken könnte. Eben nicht weil Claus Vogt alles bremst und blockiert.  

In einigen Medien wird die Kandidatur gerne zu einem Kampf Claus Vogt vs. Thomas Hitzlsperger hochstilisiert und vergisst dabei die wahren Probleme der Kandidatur und vor allem werden viele Hintergründe nicht berücksichtigt. Wenn eine Kandidatur durch den Vereinsbeirat von einer Kanzlei überprüft werden muss, dann bekommt man schon ein Gefühl dafür, wie kritisch diese Bewerbung im Rahmen der aktuellen Satzung ist. Aktuell ist Claus Vogt in seiner Funktion als Präsident auch ein kontrollierendes Instrument für die AG und nicht nur ein netter Grüßonkel-Präsident, der Siegerbilder aus den Stadien postet und Termine wie im Seehaus in Leonberg wahrnimmt. Was man ihm interessanterweise aber auch vorwirft. Wenn nun Thomas Hitzlsperger diesen Posten übernimmt, wer kontrolliert dann noch? Richtig. Es wäre eine Doppelfunktion, die hier eingenommen wird und um es vorsichtig zu sagen, den Verein noch weiter wie je zuvor in eine reine Statistenrolle verdrängt. Nach der Ausgliederung die zweite Stufe in der Entmachtung des e.V., obwohl dieser doch ein Großteil der Anteile der AG hat. Selbst ein Dr. Gaiser hat eine solche Situation vor der letzten Präsidentenwahl ausgeschlossen. Kommt hier ein Wortbruch auf uns zu?

Nach dem aktuellen Stand der Dinge, scheint die Frankfurter Kanzlei an der Bewerbung nichts rechtlich Bedenkliches zu finden. Ein weiterer Fall von rechtlich ist es in Ordnung, moralisch aber nun wirklich nicht. Um genau solches Szenario zu unterbinden hat Ron eine Änderung an der Satzung vorgeschlagen und eingereicht. Gut so. Es geht hier nicht um pro Vogt oder pro Hitzlsperger, es geht darum, dass nicht eine Person eine solche Machtfülle an sich reißen kann, damit alle liebsamen und unliebsamen Entscheidungen kurzerhand durchgedrückt werden können, dass die Kontrollfunktion des e.V. verloren geht. Darüber wird leider zu wenig berichtet und geschrieben. Das ist einer der Hauptgründe warum viele VfB Fans auf die Barrikaden gehen.

Wir wollen keinen zweiten Dietrich, keinen zweiten Alleinherrscher. Wir. Das ist leider ein Problem welches ich oft lese, das sind wieder “die”, die Kritiker von der Ausgliederung, die sich jetzt auch an den paar Adressen hochziehen, die für die Ausgliederung missbraucht wurden. Alles halb so wild. Da soll man sich nicht so anstellen, man ist ja auch bei Google oder Amazon. Damit wären wir auch bei dem aktuellen Streitthema. Die Aufarbeitung dieses Datenskandales – und ja es ist einer, die Daten wurden unerlaubt weitergegeben. Auch wenn es nur meine Mailadresse war, es war und ist auch ein Vertrauensbruch. Claus Vogt will die komplette Aufbereitung, in der AG scheint man daran nicht so interessiert zu sein. Kicker, StN/StZ berichten einheitlich, dass Anfragen von Esecon, die zur Aufarbeitung notwendig sind, nicht beantwortet werden – aussitzen irgendwie. Mal wieder. 

Einer der Kernpunkte des offenen Briefes, die Kosten, gut 500.000 Euro sind es wohl aktuell, sie würden den Verein quasi in Existenznot bringen. So stand es im offenen Brief zu lesen. Entkräftet durch eine Versicherung, die hier greift und die Kosten größtenteils übernimmt. Was aber bringt den Verein dann so in Existenznot? Man kann nur vermuten, dass hier noch ganz andere Leichen im Keller liegen, die durch Esecon ans Tageslicht kommen und die einige Herren beim VfB in ziemliche Erklärungsnot bringen würden. Vermutlich nicht nur in Erklärungsnot. Anders lässt es sich meiner Meinung nach nicht erklären, dass Hitz seinen guten Ruf, sein hohes Ansehen bei den VfB Fans und auch in Fußballdeutschland so aufs Spiel setzt.

Hat man in der AG wirklich geglaubt, man würde die Bewerbung mit ein paar Tagen Shitstorm aussitzen können, es wäre danach alles wieder vergessen Dank der Popularität von Thomas? Hat man wirklich geglaubt, es gibt niemand mehr, der kritisch – durch den sportlichen Erfolg geblendet – auf das Treiben in der AG schaut? Hat man wirklich geglaubt, wir hätten Porth, Jenner, Schraft und Co. vergessen? Nun ist das Kind in den Brunnen gefallen, die Reaktionen, regional und auch teilweise überregional, haben Thomas Hitzlsperger wohl überrascht. Ehrlich, ich glaube es nicht, er muss sich dessen bewusst gewesen sein, ich schätze ihn als so intelligent ein. Er hat mitbekommen wie Dietrich, auch von Blogs, Podcasts und Rednern auf der Mitgliederversammlung in seine Bestandteile zerpflückt wurde. Ich bin der Überzeugung, es war nicht sein alleiniger Antrieb diesen Brief zu schreiben, diese Bewerbung abzugeben. Aber er ist natürlich verantwortlich dafür, er hat mit seinem Namen unterschrieben. Warum sind diese harten Worte gewählt wurden, warum wurde nicht ein alternativer Kandidat (man munkelte Cacau) vorgeschlagen – das alles entzieht sich meiner Erkenntnis. Ich bin mir sicher, ein netter Brief, nette Worte und ein Dankeschön, aber dass es mit Claus nicht weitergehen kann und man Kandidat X vorschlägt. Es hätte vermutlich keine hohen Wellen geschlagen, keine deutschlandweiten Artikel dazu gegeben. Auch eine Wahl zum gewünschten Präsidenten hätte ich diesem Vorgehen hohe Chancen eingeräumt. Aber so wurde – mal wieder – der Kampfmodus aktiviert.  

Und die Leichen im Keller, die müssen wir endlich rausholen und ans Tageslicht bringen – in der zarten Hoffnung, dass es diejenigen Köpfe von Darstellern an der Mercedesstraße kostet, die schon seit Jahren ihr Unwesen dort treiben. Der sportliche Erfolg darf nicht davon ablenken und keine Ausrede sein, dass im Inneren des VfB endlich noch richtig aufgeräumt werden muss. Sonst kommt der Verein nicht zur Ruhe. Dazu gehört die vollständige Aufarbeitung durch Esecon. Ohne Ausbremsen, ohne Blockieren.

Thomas Hitzlsperger kann noch ein Teil davon sein. Ich wünsche es mir sogar. Dazu benötigt es aber eine Entschuldigung für den Brief, den Rückzug der Bewerbung, eine ehrliche Distanzierung und Emanzipierung von Schraft, Jenner, Porth und Co. Mit jedem Tag länger ohne eine Reaktion von ihm oder einer Entschuldigung wachsen allerdings meine Zweifel, ob das noch passieren wird. Ich befürchte leider eine weitere Eskalation der Lage.

Noch ist die Zeit die Wogen zu glätten, es liegt an dir Thomas.